Bereich Alltagsmotorik
Wesentliche Aspekte dieses Themas haben mittlerweile glücklicherweise unter dem Begriff "Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL)" Eingang in viele Ausbildungskonzepte der Altenpflegeschulen gefunden, auch wenn deren Realisierung im Stress des normalen Pflegealltags noch oft untergeht. Statt "Versorgen" und "Behandeln" treten zunehmend Bemühungen zur Aktivierung und Anregungen zum "Selbst-Handeln". Jeder Bewohner soll soviel, wie es irgend geht, selbst machen, vom Waschen, Anziehen, Essen bis zur Teilnahme an der Verrichtung häuslicher Tätigkeiten wie Küchenarbeit oder Blumenpflege. Auch wenn es oft viel länger dauert, als wenn es eine wohlmeinende Pflegerin "schnell mal eben" selbst macht  es ist das "Herzstück" der Bemühungen um Aktivierung und Selbständigkeit. Wenn jemandem immer die alltägliche  bislang selbstverständlichen  Handlungen abgenommen werden, weil es zu lange dauert oder "unordentlich" ist, wird er entmündigt! Und dann nützt es auch nichts, wenn in einer extra Bastel oder Bewegungsstunde "Selbsttätigkeit" auf dem Plan steht. Der Alltag muss, so weit es geht, notfalls eben auch in kleinste Freiräumen, selbstverantwortlich gestaltet werden können. Kontrollüberzeugung und Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit als wesentliche Pfeiler der Identität und des Selbstkonzepts haben hier in diesen Alltagsaktivitäten ihren Ursprung. Nur so kann zunehmender Resignation, Lustlosigkeit und Apathie, kann einem schleichenden Verlust der Identität begegnet werden.

In den Bewegungsstunden sind zugegebenermaßen die Möglichkeiten zur alltäglichen Aktivierung sehr eingeschränkt. Aber der zweite Aspekt wiederum, der zu diesem Bereich zählt, ist ein Feld der Bewegungsfachleute. Es geht dabei um die allen Handlungen zugrundeliegenden Fähigkeiten des Organismus, die Handlungen überhaupt ausführen zu können, nämlich um die sog. motorischen Grundeigenschaften. Der Mensch braucht zur Bewältigung seines Alltags ein gewisses Maß an Muskelkraft, an Gleichgewichtsvermögen, an Ausdauer, an Koordination. Nehmen wir das Beispiel des Spazierengehens: Seine Beine müssen ihn tragen können (Kraft), seine Gleichgewichtssinn muss es ihm ermöglichen, kurzzeitig auf einem Bein stehen zu können, wenn er einen Schritt vorwärts macht, sein Koordinationsvermögen muss die Befehle, die das Gehirn an seine Beine aussendet, umsetzen können und er muss sein Herz-Kreislauf-System so weit belasten können, dass er sich einige Zeit bewegen kann (Ausdauer). Nun sind gerade diese motorischen Grundeigenschaften in sehr starkem Maß abhängig von "Training" , d.h. davon, ob und wie sie benutzt werden. Abgesehen von den Demenzkranken, die unablässig gehen, ist das Verhalten vieler Menschen in Alten und Pflegeheimen von einer großen Bewegungslosigkeit geprägt und dem muss in den Bewegungsstunden entgegen gesteuert werden. Es geht nicht um Krafttraining wie in Fitness-Studios, aber um Kräftigungsübungen, Koordinationsübungen, Übungen für das Gleichgewicht und Ausdauerschulung. So ist beispielsweise das Marschieren im Sitzen in Verbindung mit kräftigem Armeinsatz über einen gewissen Zeitraum (z.B. Radezkimarsch von J. Strauß, ca.34 min) eine Ausdauerleistung.

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