Bewegung als Bedeutungsphänomen

Das bedeutsame Erfassen des Anderen der Erwartungsnormalität erfordert offenbar die Überwindung der paradigmatischen Blickfixierung, um in einer empathisch-dialogischen Wesensschau das Kind in seinem Anders-Sein überhaupt erst begreifen zu können.

Verhaltensauffälligkeiten - besser: das Andere einer von außen herangetragenen Normalitäts-Erwartung - darf dort nicht monokausal auf eine Ursache reduziert werden. Es sollte zunächst primär als Ausdruck einer Störung der Beziehung zwischen einem betroffenen Kind und seiner Lebensumwelt beurteilt werden (vgl. Klein 1999, 53ff).

Dies erfordert eine interdisziplinäre, sinnerfassende Diagnose, die die gesamte Lebensumwelt von betroffenen Kindern berücksichtigen muß, wie dies beispielsweise für die systemökologische Sichtweise und einem dort wirksamen impliziten Menschenbild der Fall ist.

Mit dieser Betrachtungsweise verbietet es sich, unverstandene Verhaltensphänomene vorab als inadäquate, pathologische Verhaltenweisen abzutun, die psychomotorisch in ihre normalisierenden Schranken zu verweisen sind. Erst die Bereitschaft, dem Absonderlichen einen Sinnbezug zum betroffenen Menschen zu unterstellen, schafft die Grundvoraussetzung einer hermeneutisch-dialogischen Wirklichkeit, deren Intention es sein muß, sich dem "Anderssein" des Menschen empathisch anzunähern.

Durch diesen sinnerschließenden Perspektivwechsel zeigen sich z.B. Besonderheiten im Lern-, Leistungs- und Verhaltensbereich auch und insbesondere als Ausdruck einer jeweils besonderen Konfliktlage der Betroffenen, die sich u.U. als Konzentrationsstörung, nervöse Unruhe, Schulangst oder Verwahrlosung äußern können (vgl. Trescher 1985, 52).

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