Motodiagnostik ist eingebettet in das reale Umfeld des Kindes

Viele diagnostische Informationen lassen sich aus Beobachtungen in Alltagssituationen gewinnen. Günstig sind solche, die Diagnostik in kindgerechte Zusammenhänge einbetten, in das Spiel mit anderen Kindern.

Der Vorteil einer Diagnostik im gewohnten Umfeld liegt auch darin, das Kind in unterschiedlichen Situationen zu erleben und zu beobachten. Stellen wir beispielsweise bei einem Kind immer wieder Schwierigkeiten beim Balancieren fest, liegt die Vermutung nahe, daß ein Problem im Gleichgewichtsbereich besteht. In einer anderen Situation sehen wir dasselbe Kind zufrieden und glücklich schaukeln. Diese Beobachtung dürfte unsere erste Vermutung zumindest in Frage stellen. Wir überlegen weiter, was das Balancieren vom Schaukeln unterscheidet. In beiden Fällen ist das Gleichgewichtssystem angesprochen. Im ersten Fall handelt es sich um die Gleichgewichtsfähigkeit als komplexer, im Zusammenspiel mit unserer Muskulatur sich regulierender Vorgang gegen die Erdanziehung. Im zweiten Fall steht die Gleichgewichtsstimulation als ein Vorgang zur Befriedigung vitaler Bedürfnisse im Vordergrund. Doch was hat das eine mit dem anderen zu tun, und worin liegen die Unterschiede?

Vielleicht erkennen wir, daß die Übungen für das Kind zu waghalsig waren und es zuerst seine Angst überwinden mußte bzw. geeignete Hilfestellungen benötigte.

Diese Beispiele sollen verdeutlichen, daß die Bildung von Hypothesen verhindert, das ein Kind "festgeschrieben" wird. Sie erlaubt uns, Fehler machen zu dürfen.

Was heute beobachtet und beschrieben wurde, zeigt sich morgen in einem anderen, bisher nicht vermuteten Zusammenhang. Beobachtungssituationen sind Wahrnehmungssituationen und diese sind nicht objektiv. Sie erschließen sich jeden Tag aufs Neue durch die Befindlichkeiten aller am diagnostischen Prozeß Beteiligten.

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